Können wir ihn auch hier beobachten?
Durch die Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre (u. A. CO₂ und CH4) erwärmt sich die Erde seit dem neunzehnten Jahrhundert kontinuierlich. Dabei gibt es regionale Unterschiede in der Veränderung der Temperaturen. Weltweit ist die Temperatur seither um ca. 1,1°C angestiegen [IPCC, 2023], im Durchschnitt also um ca. 0,1°C pro Jahrzehnt, wobei der Anstieg in den letzten fünf Jahrzehnten besonders stark war (Abbildung 1). In einer Untersuchung der Oberflächenwassertemperatur von Seen in Mitteleuropa zwischen 1960 und 2010 wurde beobachtet, dass der Temperaturanstieg im Frühjahr und Sommer größer ist als im Herbst und Winter. Der Temperaturanstieg lag bei dieser Studie zwischen Mai und August bei ca. 0,5°C pro Jahrzehnt.
Erhöhte Temperaturen begünstigen die Entwicklung von gesundheitsgefährdenden Cyanobakterienblüten.
Aus diesem Grund hat das Umweltbundesamt 2024 eine überarbeitete „Empfehlung zum Schutz vor Cyanobakterien und Cyanobakterientoxine“ herausgegeben. Ein ausführlicher Artikel zu Cyanobakterien, deren Systematik, Vorkommen und Zellgifte findet sich in der Naturbadinfo 2024. Dass Cyanobakterien sich insbesondere in Biofilmen entwickeln können und damit eine potentielle Quelle einer Ausbreitung in das Freiwasser gegeben ist, zeigte sich in einer Untersuchung von Folienauswuchs in einem Freibad mit biologischer Wasseraufbereitung [NaturbadInfo 2023]. Um zu untersuchen, inwiefern nun die derzeitigen Klimaveränderungen die Naturfreibäder beeinflussen, wurden in der vorliegenden Studie Temperaturdaten von 2007 bis 2024, sowie Biovolumina von Cyanobakterien
von 2010 bis 2022 mehrerer Naturfreibäder zusammengetragen und analysiert.
[KLS]
Den vollständigen Artikel finden Sie in unserer NaturbadInfo Ausgabe 2025

Abbildung 1: IPCC Report 2023: Die globale Oberflächen-temperatur der Erde (dargestellt als jährliche Anomalien gegenüber dem Mittelwert von 1850–1900) ist seit 1850–1900 um etwa 1,1°C gestiegen.
Temperaturanstieg in Naturfreibädern
In einer Datenauswertung von zehn Naturfreibädern wurden die Temperaturveränderung in den Monaten Juni bis August im Beckenwasser über mehrere Jahre je nach Dauer des durchgeführten Monitorings analysiert. Hierbei zeigte sich, dass in drei der zehn Bäder die saisonale Durchschnittstemperatur anstieg (Abbildung 2). Der Temperaturanstieg lag zwischen 1,2 und 1,7°C pro Jahrzehnt. Dieser Anstieg ist damit wesentlich höher als der mittlere Temperaturanstieg von Oberflächenwasser mitteleuropäischer Seen. Dies lässt sich u. A. durch das geringe Wasservolumen und die geringe Tiefe von Naturfreibädern erklären, welche ein schnelleres Aufwärmen des Wasserkörpers begünstigen. Sieben der zehn Naturfreibäder zeigten keinen
Temperaturanstieg. Dies kann unter anderem an starken Schwankungen der mittleren Jahrestemperatur liegen, welche den jahresübergreifenden Trend überdecken. Die Temperatur im Beckenwasser kann aber auch durch die Betriebsführung, bspw. die Zuspeisung von Füllwasser oder die Beschaffenheit des Filtersystems, sowie die Beschattung des Beckens beeinflusst werden, sodass in diesen Bädern keine, oder eine sehr viel geringere klimabedingte Temperaturveränderung stattfindet.

Abbildung 2: Entwicklung der durchschnittlichen saisonalen Wassertemperatur im Becken unterschiedlicher Naturfreibäder seit 2007. Die signifikanten Regressionen (p<0,05) sind als Geraden dargestellt. Die Temperaturzunahme pro Jahrzehnt lag für diese Bäder bei folgenden Werten: NB_01: 1,2°C; NB_04: 1,3°C, NB_09: 1,7°C.
Cyanobakterien in Naturfreibädern
Die saisonalen Mittelwerte des Cyanobakterien-Biovolumens wurden in 17 unterschiedlichen Naturfreibädern seit Beginn der jeweiligen Untersuchungen bis 2022 zusammengetragen. In den Daten zeigt sich eine Zunahme von Cyanobakterien seit 2018 (Abbildung 3). Dabei handelt es sich nicht um einen kontinuierlichen Anstieg der Cyanobakterienvolumina in allen Bädern, sondern um ein häufigeres Auftreten von „Cyanobakterienblüten“. Als „Blüte“ wird eine starke Vermehrung von Phytoplankton in einem bestimmten, meist relativ kurzen Zeitraum bezeichnet. Dieses Muster zeigt sich bei der Betrachtung der einzelnen Probenahmen im Saisonverlauf (Abbildung 4). Bei den beobachteten Cyanobakterienblüten wurden Biovolumnina von bis zu 4,2 mm³ L⁻¹ erreicht. In der oben erwähnten Empfehlung des Umweltbundesamtes wird ab einem Cyanobakterien-Biovolumen von 1 mm³ L⁻¹ eine erhöhte Aufmerksamkeit und das Bereitstellen von Informationen zu Cyanobakterien für Badende empfohlen. Ab einem Biovolumen von 4 mm³ L⁻¹ gilt die „Erste Warnstufe“ mit zusätzlichen Warnhinweisen.
Um zu analysieren, inwiefern sich Temperaturveränderungen im Beckenwasser der Naturfreibäder auf das Biovolumen der Cyanobakterien auswirken, haben wir die jeweiligen saisonalen Durchschnittstemperaturen der unterschiedlichen Jahre mit dem entsprechenden saisonalen Mittelwert des Cyanobakterien- Biovolumens miteinander korreliert (Abbildung 5). Hierbei zeigte sich eine Zunahme des durchschnittlichen Cyanobakterien-Biovolumens mit ansteigender durchschnittlicher Temperatur. Das Auftreten und die Vermehrung von Cyanobakterien in Naturfreibädern werden jedoch durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst. Neben der Temperatur spielt auch die Nährstoffverfügbarkeit eine wichtige Rolle. Die Nährstoffverfügbarkeit kann in Naturbädern durch Filtersysteme und eine Vorbehandlung des Füllwassers reduziert werden, dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit von Cyanobakterienblüten. Auch der Fraßdruck des Zooplanktons beeinfluss die Cyanobakterienkonzentration im Wasser. Aufgrund der vorliegenden Studie wird empfohlen, die Zusammensetzung des Phytoplanktons (einschließlich der Cyanobakterien) in Naturfreibädern in der Badesaison regelmäßig zu kontrollieren. Dieser Punkt wird auch in der – sich aktuell in Revision befindlichen – FLL-Richtlinie Beachtung finden.

Abbildung 3: Entwicklung der durchschnittlichen saisonalen Cyanobakterien-Biovolumen seit 2010 in unterschiedlichen Naturfreibädern.

Abbildung 4: Entwicklung der Cyanobakterien-Biovolumen seit 2018 für einzelne Probenahmen in unterschiedlichen Naturfreibädern. Die rote Linie markiert den Grenzwert für Cyanobakterien-Biovolumen laut Umweltbundesamt.

Abbildung 5: Saisonaler Mittelwert des Cyanobakterien-biovolumens in logarithmischer Darstellung in Abhängigkeit von der mittleren saisonale Beckenwassertemperatur. Hierbei zeigt sich eine signifikante positive Korrelation zwischen der Temperatur und dem Cyanobakterien-Biovolumen (p <0,001). Die Regressionsgerade folgt der Gleichung: cyano = 10^(0,35 * T ‑10), wobei cyano das Biovolumen der Cyanobakterien in mm³ L‑1 und T die Temperatur in °C angibt.
Zusammenfassung
Durch den Klimawandel steigen die Temperaturen global, dies kann sich auch auf die Wasserqualität in Naturfreibädern auswirken, bspw. durch eine verstärkte Entwicklung von Cyanobakterien im Beckenwasser. Die Veränderungen der saisonalen Beckenwassertemperatur wurde für zehn Naturfreibäder untersucht. Bei drei Bädern wurde ein Anstieg der Temperatur von 1,2 – 1,7°C pro Jahrzehnt beobachtet. Bei den anderen sieben Bädern konnte keine systematische Temperaturveränderung festgestellt werden. Eine Erfassung der Cyanobakterienbiovolumen in Naturfreibädern zeigt ein erhöhtes Vorkommen von „Cyanobakterienblüten“ seit 2018. Erhöhte saisonale Wassertemperaturen waren in den untersuchten Naturfreibädern mit
einem größeren saisonalen Biovolumen von Cyanobakterien verbunden.
[Imke Petersen, KLS]
Den vollständigen Artikel finden Sie in unserer NaturbadInfo Ausgabe 2025