2002 wurde in der Gemeinde Combloux, das erste Freibad in Frankreich mit vollbiologischer Wasserreinigung eröffnet. Nach 20 erfolgreichen Betriebsjahren fand 2022 eine vollständige Neugestaltung und Vergrößerung statt, so dass das Bad mit Blick auf den Mont-Blanc den Besucher*innen nun wieder zur Verfügung steht. Das Bad ist nicht nur im Hinblick auf seine Lage speziell, sondern weist auch in der Betriebsführung einige Besonderheiten auf.
Die Gemeinde Combloux konnte als erste in Frankreich für ein öffentliches Freibad mit biologischer Wasseraufbereitung gewonnen werden. Basierend auf Referenzen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz konnten die Landschaftsarchitekten von Greenconcept seinerzeit die Ausgestaltung des Bades — für dessen Betrieb eine behördliche Sondergenehmigung erforderlich war — übernehmen. Die Planung stützte sich dabei auf das damals in der Schweiz vertretene Bioteich®-System. Nach diesem Verfahren erfolgte die Wasserreinigung durch einen mit Helo- und Hydrophyten bepflanzten 1160 m² großen Flachwasserbereich in der Peripherie des Badebereichs. Ferner wurde das Wasser durch einen ca. 500 m² großen Nassfilter gereinigt, bevor es über einen Wasserfall aus mehreren Metern Höhe über verschiedene Kaskaden wieder dem Becken zugeführt wurde. Das Bad mit einem 540 m² großen Einstiegsbereich (Wassertiefe 0,00–1,80 m) und einem 1,80 m tiefen und 835 m² großen Schwimmerbecken, war damals von den Gesundheitsbehörden für 700 Badegäste pro Tag zugelassen.
Nach fast 20 Jahren Betrieb bestand auf Seiten der Gemeinde der Wunsch, das Bad neu zu gestalten und dabei zu vergrößern. Zusätzlich sollten die 2019 in Frankreich geänderten gesetzlichen Bestimmungen für öffentliche Bäder mit biologischer Wasseraufbereitung erfüllt werden. Ende 2019 wurde hierfür im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung das Ingenieurbüro SINBIO, (www.sinbio;fr) in Zusammenarbeit mit Polyplan-Kreikenbaum Gruppe GmbH und den Landschaftsarchitekten Willem Den Hengst et associés, mit der Renovierung des Bades beauftragt.
Die Neugestaltung erweiterte sowohl Frei- als auch Badeflächen, so dass das Bad nun für 900 Badegäste zugelassen ist. Neben der Größe des Bades wurde auch die Wasseraufbereitung entsprechend der aktuellen Bedarfe angepasst. Diese umfasst nun:
- Eine 441m² große hydrobotanische mit emersen Hydrophyten bepflanzte Anlage mit einem Volumen von 485 m³ (Beckentiefe 1 m – 1,40 m). Die Tiefe und das Volumen der Hydrobotanik können sich im Betrieb erhöhen, da dieses Becken auch als Schwallbehälter genutzt wird
- Ein 435 m² großer, unbepflanzter Neptunfilter (beregneter Bodenfilter)
- Ein 437 m² großer, mit Schilf bepflanzter Nassfilter
- Zwei Trommelfilter, die jeweils auf einen Volumenstrom von 120 m³/h pro Stunde ausgelegt sind.
Damit können insgesamt bis zu 525 m3 Reinwasser pro Stunde bereitgestellt werden.
Die Bauzeit für das Vorhaben lag bei 10 Monaten und die Eröffnung konnte am 18. Juli 2022 erfolgen.
Besonderheiten
Füllwasser: Das zur Befüllung zur Verfügung stehende Leitungswasser ist extrem weich bzw. aggressiv. Mit einer Gesamthärte < 5°dH und einer Karbonathärte von < 2,5, teilweise sogar < 1 °dH ist es nach FLL ungeeignet für den Einsatz. Um dieses Wasser abzupuffern, wurde ausschließlich kalkhaltiges Filtermaterial verwendet. Dies hatte zur Folge, dass sich Härte und Säurekapazität des Wassers zwar verbesserten, es zunächst aber durch Kalkausfällungen zu einer starken Eintrübung des Wassers und damit Verzögerungen bei der Eröffnung kam.
Reinigungsleistung: Diese sehr hohen Reinigungsleistungen von 525 m³ Reinwasser pro Stunde (ca. 1/6 des Wasservolumens) ergeben sich nicht aus technischen Gründen, sondern aus den lokalen gesetzlichen Vorgaben, die in Frankreich eine gegenüber der FLL stark erhöhte Umwälzung fordern. Um diese zu realisieren, werden erfolgreich Trommelfilter eingesetzt.
Die erste Saison
Das neu gestalte Bad wurde 2022 sehr gut von den Badegästen angenommen. Auch aufgrund des warmen Sommerwetters wurden bis Mitte August fast täglich 900 Badegäste gezählt. Insgesamt wurden zwischen dem 18. Juli und dem 11. September 25.000 Badegäste erfasst, was zu Einnahmen von 145.000 € führte.
Die zweimal wöchentlich erfolgten Beprobungen zur Analyse der Hygieneparameter zeigten eine den französischen Grenzwerten konforme Wasserqualität für E.coli, Enterokokken und Pseudomonas aeruginosa. Berücksichtigt man die strengeren deutschen Grenzwerte, wären zwei Werte der Enterkokken und einer der Pseudomonas aeruginosa als leichte Überschreitung gewertet worden.
Probleme bereitete allerdings die Analyse der pathogenen Staphylokokken, die in Deutschland nicht analysiert werden. Der Grenzwert liegt hierfür in Frankreich bei 20 CFU/100ml und wurde bei hoher Besucherzahl regelmäßig überschritten. An heißen Tagen mit hoher Besucherzahl schienen die Werte im Tagesverlauf anzusteigen, während die Besucherzahlen des Vortags keinerlei Einfluss auf die Analysewerte hatten. Die Staphylokokken scheinen zwischen den Öffnungszeiten gut von der Filterbiologie abgebaut zu werden. Dies zeigte sich auch an den Analysen des Reinwassers in dem keinerlei Grenzwertüberschreitungen festgestellt wurden. Bei hohen Besucher*innenzahlen mit entsprechenden Einträgen scheint die Umwälz- und Reinigungsleistung allerdings im laufenden Betrieb nicht auszureichen, um den Eintrag im Beckenwasser hinreichend zu reduzieren.
Nach verschiedenen wissenschaftlichen Berichten sind bis zu 50 % der Bevölkerung gesunde Überträger von pathogenen Staphylokokken, die nicht nur in den Schleimhäuten des Mund- und Rachenraumes, sondern auch auf der Haut und insbesondere unter den Achselhöhlen zu finden sind. Wenn die Badegäste sich vor dem Bad nicht gründlich duschen (und vorzugszeise mit Seife waschen), werden diese Staphylokokken in das Badewasser getragen. Diese Hypothese wurde durch die Analyse des im Fußbecken aufgefangenen Duschwassers bestärkt, welches extrem hohe Konzentrationen von pathogenen Staphylokokken nachwies. Es ist daher davon auszugehen, dass der erhöhte Eintrag in Combloux sich durch eine Verbesserung des Duschverhaltens der Badegäste reduzieren lässt. Dies wird eine der großen Aufgaben für eine erfolgreiche Saison 2023, die im Juni startet.
https://www.combloux.com/en/discover/unmissable/Combloux-biotope-water-body/
(Dirk Esser, Sinbio scop)