Ps. aeruginosa ist ein ubiquitär verbreitetes Bakterium, das auch in nährstoffarmen Wässern wie Trinkwasser und Schwimmbädern vorkommt. Ps. aeruginosa hat einen geringen Nährstoffbedarf und ist in der Lage die unterschiedlichsten Substrate zu verwerten [1, 2]. Neben aliphatischen Kohlenwasserstoffen wie Paraffin werden auch Xenobiotika, wie z.B. Pestizide und andere toxische Stoffe abgebaut. Da Ps. aeruginosa besonders für immunsupprimierte Menschen pathogen sein kann, wurde er als ein Indikatorkeim für die Wasserqualität in Schwimmbädern mit einem Höchstwert von 10 Keimen pro 100 ml ausgewählt [3].
Die bisherige Nachweismethode nach DIN EN 16266 hat den Nachteil, dass die in Badegewässern vorhandene Begleitflora den Test massiv stören, die Auswertung erschweren und daher oft zu hohe Keimzahlen gemessen werden [4]. Die Empfehlung des Umweltbundesamtes (UBA) von 2008, den Test bei 42°C durchzuführen, führte zu besseren Ergebnissen, löste jedoch nicht das Problem der störenden Begleitflora [5].
Eine in den letzten Jahren zunehmend eingesetzte Methode zum Nachweis von speziellen Mikroorganismenarten beruht auf dem Prinzip der Gensondentechnik [6]. Grundlage dieser Technologie ist die in den letzten Jahren gewonnene Erkenntnis, dass viele Bakterienarten eine charakteristische spezifische Gensequenz aufweisen. Gene bestehen aus DNA, die die Informationen für die Bildung aller Proteine eines Lebewesens enthält. Diese Information entsteht durch die Gensequenz, die wiederum durch die unterschiedlich lange Abfolge von vier verschiedenen „Buchstaben“, den Nukleotidbasen, gebildet wird. Das Genom von Ps. aeruginosa enthält z.B. 6,3 Mio. dieser Nukleotidbasen, die die Information für 5.570 Gene tragen [7]. Für die artspezifischen Teile der Gensequenz können nun Poly- oder Oligonukleotide synthetisiert werden (sog. komplementäre Sequenzen), die sich ausschließlich an genau diesen Stellen des Genoms anlagern. Diese Gensonden können dann noch mit Farbstoffen gekoppelt werden, damit sie sichtbar und quantitativ messbar werden.
Im Jahr 2003 wurde ein Gensondentest für Ps. aeruginosa vorgestellt, der bisher jedoch in Badegewässern nicht eingesetzt wurde [8]. Ein Vergleich des Ablaufschemata von Gensondentests und der Methode nach DIN EN 16266 zeigte, dass der Gensondentest hinsichtlich Handhabung und Zeitbedarf Vorteile gegenüber der herkömmlichen Methode aufweist: So werden für den Gensondentest sechs Verfahrensschritte mit einem Zeitbedarf von nur insgesamt 26 h benötigt, während die herkömmliche Methode sieben Schritte beinhaltet, die zwischen 112 und 208 h dauern [9].
Daher wurde ASA vom ABS damit beauftragt, den Gensondentest im Bereich der Naturschwimmbäder anzuwenden und mit der derzeit eingesetzten Nachweismethode auf Cetrimid-Agar nach DIN EN 16266 zu vergleichen.
Untersuchungen im Laborbereich
Bereits 2013 wurden umfangreiche Untersuchungen im Laborbereich mit standardisierten Bakteriensuspensionen durchgeführt. Hierzu wurden Reinkulturen des Stammes Ps. aeruginosa PAO 1 (DSMZ 22644) mit verschiedenen Keimzahlen hergestellt und diese mit jeweils 1.000 K/ml Ps. putida sowie der Bakterienmischkultur ASA T beimpft. Die so präparierten Bakteriensuspensionen wurden mit der DIN EN 16266 (mit Inkubation bei 30° und 42°C) und dem Gensondentest auf den Gehalt an Ps. aeruginosa untersucht.
Zusammenfassend konnten folgende Erkenntnisse gewonnen werden, die auch publiziert wurden [9]:
- die mit der DIN-Methode ermittelten Keimzahlen für Ps. aeruginosa lagen in Gegenwart anderer Bakterien im Vergleich zur Gensondenmethode fast immer höher, teilweise mehr als doppelt so hoch.
- Unabhängig von der Nachweismethode zeigte sich bei der Untersuchung von Gewässerproben, dass die Probenvorbehandlung im Labor einen erheblichen Einfluss auf die Ergebnisse hat. Grund hierfür ist wahrscheinlich die Eigenschaft der Ps. aeruginosa-Zellen zu aggregieren oder in Biofilmen zu wachsen [10]. So konnten die Messwertschwankungen innerhalb einer Probe durch eine einfache Probenvorbehandlung (30 min rühren) deutlich reduziert werden (bis zu < 5 %).
- Da Ps. aeruginosa unter geringen Nährstoffgehalten in Biofilmen wächst, scheinteine homogene Verteilung in Badeteichen eher zweifelhaft. Somit sind aus Badegewässern entnommene Proben nur begrenzt bzw. selten repräsentativ hinsichtlich dieses Keimes.
- Aspekte wie Ort und Zeitpunkt der Probenahme, z. B. kurz nach einem zufälligen Abreißen von Biofilmteilen, können die gemessene Keimzahl maßgeblich beeinflussen und so die Bedeutung der gemessenen Werte hinsichtlich der Schwimmbadhygiene in Frage stellen oder zumindest relativieren.
Vergleich der Nachweismethoden durch umfangreiche Feldversuche
Um die im Laborbereich gewonnenen Erkenntnisse sowie den Testvergleich auf eine breitere Datenbasis zu stellen, wurden während der Badesaison 2015 folgende acht Naturbäder für Feldversuche ausgewählt:
OSIR Skalka, Swietochowice, Polen
Sigtuna kommun, Märsta, Schweden
Naturfreibad Herrenberg
Stadionbad Bremen
AQWA Walldorf
Naturbad im Staden, Idar-Oberstein
Naturbad Riehen, Schweiz
Freibad Froschloch, Dortmund.
Die Probenahme erfolgte durch die jeweiligen Untersuchungsämter bzw. –labore oder Betreiber.
Die Proben wurden in Kühlboxen mit Kühlelementen und 24 h‑Service versandt.
Die Proben wurden bis zur Verarbeitung auf Eis gelagert. Auf Grund eventueller Inhomogenitäten wurde eine Probenvorbehandlung in Form von mind. 30 min mischen (Magnetrührer) vorgenommen.
Die Bestimmung von Ps. Aeruginosa erfolgte durch den Gensondentest [8] sowie gemäß
DIN EN 16266 (mit UBA-Empfehlung 2008).
Ergebnisse
Die ursprüngliche Annahme, dass die Gensondenmethode geringere Keimzahlen detektiert, konne durch die Daten aus allen acht Bädern nicht bestätigt werden. Grund hierfür ist sicherlich, dass das Verhältnis zwischen Fremdkeimen und Ps. aeruginosa in der Laborversuchen deutlich höher war als in den meisten Proben aus den Feldversuchen. Beispielhaft zeigt sich dies an den Werten aus Naturbad a (Abbildung 1, Tabelle 1). Somit scheint die Methode DIN EN 16266 bei starker Begleitflora störanfälliger zu sein. Die Ursache hierfür könnte sein, dass die Ps. aeruginosa-Zellen von der Begleitflora überwachsen und so nicht detektiert werden.
Tabelle 1: Ergebnisse Naturbad a | ||||
ASA Probe Nr. | Ps. aeruginosa [K/100 ml] | |||
Probenahmeort bzw. ‑bezeichnung | Datum | DIN EN 16266 | Gensondentest | |
12 | Strand 23/6 (Beachpool) | 26.06.15 | 27 | 17 |
13 | Hopp 23/6 (Jumppool) | 26.06.15 | 46 | 30 |
14 | Pumphus 23/6 (After filtration) | 26.06.15 | 70 | 35 |
15 | Motion 23/6 (Athlet pool) | 26.06.15 | 19 | 11 |
53 | Beachpool 1 | 27.07.15 | 0 | 0 |
54 | After Filtration 2 | 27.07.15 | 0 | 2 |
55 | Athletpool 3 | 27.07.15 | 0 | 2 |
56 | Jumppool 4 | 27.07.15 | 2 | 4 |
86 | Beachpool 1 | 10.08.15 | 0 | 2 |
87 | After Filtration 2 | 10.08.15 | 0 | 2 |
88 | Athletpool 3 | 10.08.15 | 8 | 4 |
89 | Jumppool 4 | 10.08.15 | 2 | 0 |
116 | Beach Pool 1 | 24.08.15 | 0 | 20 |
117 | After Fillration 2 | 24.08.15 | 0 | 6 |
118 | Swimming Pool 3 | 24.08.15 | 4 | 4 |
119 | Jumping Pool 4 | 24.08.15 | 0 | 2 |
172 | After filtration 1 | 07.09.15 | 50 | 164 |
173 | Beach pool 2 | 07.09.15 | 10 | 34 |
174 | Jump pool 3 | 07.09.15 | 18 | 78 |
175 | Athlet pool 4 | 07.09.15 | 40 | 60 |
Weiterhin ergaben die Ergebnisse, dass es wichtig ist, die Proben schnellstmöglich zu vermessen: Die Ergebnisse der Proben aus Naturbad b zeigen, dass bei einer Lagerung über 24 Stunden die Keimzahl trotz Kühlung abnimmt (Tabelle 2).
Tabelle 2: Ergebnisse Naturbad b | ||||
ASA Probe Nr. | Ps. aeruginosa [K/100 ml] | |||
nach Lagerzeit | ||||
Probenahmeort | Datum | 2 Tage | 6 Tage | |
23 | Reinwasser 1 | 07.07.15 | 42 | 3 |
24 | Reinwasser 2 | 07.07.15 | 80 | 0 |
25 | Beckenwasser 3 | 07.07.15 | 64 | 0 |
26 | Beckenwasser 4 | 07.07.15 | 70 | 0 |
Ein gegenläufiger Effekt der Lagerzeiten wurde mit Proben aus Naturbad c festgestellt: Hier nahmen die Keimzahlwerte nach mehrtägiger Lagerung teilweise um mehr als das Zehnfache zu (Tabelle 3). Grund hierfür ist wahrscheinlich die Eigenschaft der Ps. aeruginosa-Zellen zu aggregieren oder in Biofilmen zu wachsen, die sich bei der Lagerung lösen. Dies ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass bei der ersten Analyse (nach Erhalt der Probe) Doppelwerte teilweise nicht ausgewertet werden konnten.
Unabhängig von der Ergebnisinterpretation erweist sich die Biofilmbildung durch Ps. aeruginosa auch hier wieder als Problem für die Gewinnung von repräsentativen und homogenen Proben. Damit stellt sich erneut die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Auswahl dieser Bakterienart als Leitkeim zur Beurteilung der Hygiene von Badegewässern.
Tabelle 3: Ergebnisse Naturfreibad c | ||||
ASA Probe Nr. | Ps. aeruginosa [K/100 ml] | |||
nach Lagerzeit | ||||
Probenahmeort | Datum | 1 Tag | 6 Tage | |
124 | P1 | 25.08.15 | 3 | 80 |
125 | P2 | 25.08.15 | 10 | 1.000 |
129 | P6 | 25.08.15 | 0 | 10 |
130 | P7 | 25.08.15 | 26 | 20 |
135 | P16 | 25.08.15 | 0 | 30 |
136 | P17 | 25.08.15 | 30 | 1.460 |
137 | P22 | 25.08.15 | >400 | 1.800 |
138 | P23 | 25.08.15 | >400 | 1.500 |
145 | P3 | 26.08.15 | 6 | 100 |
149 | P7 | 26.08.15 | >400 | 13.700 |
150 | P8 | 26.08.15 | 20 | 550 |
153 | P11 | 26.08.15 | 0 | 1.285 |
154 | P16 | 26.08.15 | 70 | 670 |
155 | P17 | 26.08.15 | >400 | 600 |
156 | P20 | 26.08.15 | 6 | 100 |
Zusammenfassung
Der Gensonden-Test im Vergleich zur Methode DIN EN 16266 wird geringer durch die bakterielle Begleitflora beeinflusst. In Gewässerproben mit geringer Keimzahl liefern beide Testmethoden ähnliche Ergebnisse. Auch unter kontrollierten kühlen Transport- und Lagerbedingungen ist eine schnellstmögliche Vermessung der Gewässerproben unbedingt notwendig.
Die Eigenschaft der Ps. aeruginosa-Zellen, zu aggregieren oder in Biofilmen zu wachsen, erschwert die Entnahme von repräsentativen und homogenen Proben aus Badegewässern. Die Eignung von Ps. aeruginosa als Leitkeim zur Beurteilung der Schwimmbadhygiene scheint damit fraglich.
Literatur
- 1. Wingender, J., Hambsch, B. und Schneider, St.: Mikrobiologisch-hygienische Aspekte des Vorkommens von Ps. aeruginosa im Trinkwasser. energie-wasser-praxis 60 (2009) 60–66.
- 2. Schoenen, D.: Wachstumsbedingungen von Ps. aeruginosa unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Trinkwasserversorgungssystemen. Gfw-Wasser Abwasser 150 (2009) 1012–1015
- 3. Hygienische Anforderungen an Kleinbadeteiche (künstliche Schwimm- und
- Badeteichanlagen). Bundesgesundheitsbl — Gesundheitsforsch — Gesundheitsschutz 2003 · 46 (2003) 527–529
- 4. Heinemeyer, E.-A., und Luden, K. (Niedersächsisches Landes gesundheitsamt, Außenstelle Aurich): Probleme bei der An wendung der DIN EN 12 780 zum Nachweis
- von Pseudomonas aeruginosa aus Schwimmteichen und Oberflächengewässern. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 52 (2009)
- 345–351
- 5. Empfehlung der Schwimm- und Badebeckenwasserkommission: Hinweise für die Überwachung von Kleinbadeteichen zur Bestimmung von P. aeruginosa nach
- der DIN EN ISO 16 266. Bundesgesundheitsbl – Gesundheitsforsch – Gesundheitsschutz 52 (2009) 370 f.
- 6. Schleifer, K. H., Ludwig, W., und Amann, R.: Gensonden und ihre Anwendung in der Mikrobiologie. Naturwissenschaften 79 (1992) 213–219
- 7. Stover, C.K. et al.): Complete genome sequence of Pseudomonas aeruginosa PAO1, an opportunistic pathogen. Nature. 406(6799) (2000) 959–964
- 8. Snaidr, J.: Gensonden zum schnellen und spezifischen Nachweis von Pseudomonas aeruginosa. GIT Labor-Fachzeitschrift. 3 (2003) 2–3
- 9. Cordes, A. und Hoferichter, P.: Quantitative Bestimmung von Pseudomonas aeruginosa mittels Gensonden. AB Archiv des Badewesens 6 (2014) 360–366
- 10. Hummel, A., Umweltbundesamt: P. aeruginosa im Badewasser – Probleme beim Nachweis.
- 6. Nordbayerische Trinkwassertage 26. — 27.09.2012