Kieselalgen sind ein fester Bestandteil der Algengemeinschaften, die in Naturfreibädern wachsen. Sie kommen im Freiwasser und in den Biofilmen der Beckenwände vor. Zum Wachsen benötigen Kieselalgen Silicium.
In der Vergangenheit wurde häufig vermutet, dass Kieselalgen aufgrund ihrer harten Zellhüllen, die sie aus Silicium bilden, besonders stark an den Beckenwänden anhaften. Dies wurde als Erklärungsmodell für die hartnäckig zu reinigenden Biofilme herangezogen. Im Sommer 2022 wurden nun erstmals in einem Naturfreibad in der Schweiz Biofilmuntersuchungen durchgeführt (vgl. „Untersuchung des Folienaufwuchses in einem Naturfreibad mit biotechnologischer Wasseraufbereitung während des laufenden Betriebes“). Hierbei stellte sie heraus, dass trotz hoher Siliciumwerte, die für die Kieselalgen elementar sind, im Biofilm kaum Kieselalgen vorhanden waren. Statt der Kieselalgen scheinen hier vielmehr Kalkablagerungen für den hohen Reinigungsaufwand verantwortlich zu sein, die durch biogene Entkalkung unterschiedlicher Algenarten verursacht werden. Biogene Entkalkung entsteht durch die Photosyntheseaktivität der Algen. Diese verbrauchen CO2, wodurch das Gleichgewicht von Calciumhydrogencarbonat und Kohlensäure im Wasser verschoben wird. In der Folge wird dann Calciumcarbonat ausgefällt.
Parallel zu den Biofilmuntersuchungen wurden die Phytolpanktonanalysen von 8 Bädern aus den Jahren 2010 – 2021 ausgewertet. Hierbei zeigte sich, dass im Durchschnitt 56% aller Algen, die im Freiwasser vorkamen, Kieselalgen waren. Ein Vergleich mit den vorliegenden Siliciumwerten der Bäder zeigte, dass nirgendwo die naturbadspezifische Wachstumslimitierungsgrenze von 0,065mg/l Silicium unterschritten wurde. Eine Begrenzung wäre durch die Verwendung von Eisengranulaten oder flüssigem Eisen möglich, da Silicium sich an Eisen bindet. Da Kieselalgen jedoch im Biofilm der Beckenwände keine spezielle Bedeutung für die Reinigung hat und da Kieselalgen im Freiwasser nicht störender wirken als andere Algen, ist dies für den Regelbetrieb nicht erforderlich. Ausnahmen können Kieselalgen betreffen, die aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften selektiv beseitigt werden sollen. Ein Anwendungsfall wären z.B. Kieselalgen gewesen, die in einem Bad 2019 und 2020 in einem Bodenfilter gewachsen sind und so das Reinwasser belastet haben. Hier hatte damals jedoch auch die Zugabe von Bakterien und eine Neubepflanzung des Filters Erfolg gezeigt. Somit ist die Siliciumlimitierung durch Eisen nun ein weiteres Werjzeug, mit dem zukünftige Problem mit Kieselalgen adressiert werden können.
Abbildung 1 Monatsmittelwerte des Anteils der Kieselalgen am Phytoplanktongesamtbiovolumen aus 8 öffentlichen Naturfreibädern (2010–2021); Gesamtmittelwert: 56%