Cyanobakterien („Blaualgen“) können eine Vielzahl von Giftstoffen, sogenannten „Cyanotoxinen“ bilden. Bei einer starken Vermehrung von Cyanobakterien in Badegewässern („Cyanobakterienblüten“), kann dies eine Gesundheitsgefahr für die Badegäste darstellen. Um das Gesundheitsrisiko durch Cyanobakterien zu senken, sollte die Entwicklung von Cyanobakterien im Beckenwasser insbesondere bei einer Verringerung der Sichttiefe regelmäßig untersucht werden. Eine geringe Nährstoffzufuhr und eine ausreichende Filtration des Wassers wirken einer starken Vermehrung von Cyanobakterien entgegen.
Was sind Cyanobakterien und wieso können sie gesundheitsschädlich sein?
Bei Cyanobakterien, auch „Blaualgen“ genannt, handelt es sich um Bakterien, die Photosynthese betreiben können. Cyanobakterien ernähren sich also, genau wie Algen und andere Pflanzen, von Licht, CO2, Wasser und Nährstoffen (bspw. Stickstoff, Phosphor, Magnesium, Eisen, etc.). Da es sich bei Cyanobakterien um Bakterien handelt, sind diese in der Regel wesentlich kleiner als andere einzellige Algen. Diese kleinen Lebewesen kommen als einzelne Zellen, in Ketten oder Matten vor. Cyanobakterien, die im Wasser schweben, werden zum Phytoplankton gezählt. Es gibt jedoch auch Formen, die Sediment und Steine im Gewässer bewachsen können. Einige Arten kommen an Land vor und besiedeln dort insbesondere feuchte Oberflächen, auf denen Pflanzen nicht wurzeln können, z.B. Steine, Häuserwände und Terrassen, oder wachsen „epiphytisch“ auf anderen Pflanzen und an Baumrinde.
Abbildung 1: Stark vergrößerte Aufnahmen mit dem Lichtmikroskop von potentiell Toxin-bildenden Cyanobakterien. a) Filamente bzw. Faden bildende Cyanobakterien der Gattungen Dolichospermum (ehemals Anabaena) und Planktothrix. Bei den verdickten Zellen handelt es sich um Heterocyten, in denen gasförmiger Stickstoff aufgenommen werden kann. b) Filamente bzw. Faden bildende Cyanobakterien der Gattung Dolichospermum. Diese Art bildet geringelte Filamente. c) CyanobakterienKolonie der Art Mersimopedia elegans. d) Cyanobakterien‑Kolonie der Gattung Microcystis aeruginosa. Quelle: KLS.
Bei ansteigenden Temperaturen und höher Lichtintensität im Sommer kann es zu einer starken Vermehrung von Cyanobakterien in Gewässern kommen, wenn ebenfalls viele Nährstoffe verfügbar sind. Insbesondere die Konzentration von Phosphor im Gewässer limitiert das Wachstum von Cyanobakterien. Da einigen Arten von Cyanobakterien, anders als Algen, Stickstoff direkt als gelöstes Gas aufnehmen können, haben sie einen Wachstumsvorteil, wenn viel Phosphor aber wenig Stickstoffverbindungen im Wasser vorhanden sind. Doch auch bei geringen Nährstoffkonzentrationen können sich besonders kleine Cyanobakterienarten gegenüber anderen Algen durchsetzen, da sie höhere Aufnahmeraten für Nährstoffe haben. Viele Cyanobakterienarten erreichen ihre höchsten Wachstumsraten ab Temperaturen von 25°C. Als „Cyanobakterienblüten“ werden hohe Konzentrationen von Cyanobakterien im Gewässer bezeichnet, die infolge einer starken Vermehrungsrate entstehen. Diese „Blüten“ haben häufig eine tiefgrüne Farbe, können aber bei einigen Arten auch braun, rot oder blau sein.
Viele Cyanobakterien bilden Giftstoffe, sogenannte „Cyanotoxine“. Es wurden bisher eine Reihe von Giftstoffen identifiziert, die in folgende Kategorien eigeteilt werden: Lebergifte (Hepatotoxine) schädigen die Leber, können innere Blutungen, Magen-Darm-Störungen und Appetitlosigkeit hervorrufen. Dazu gehören die Giftstoffe Microcystin und Nodularin. Zellgifte (Zytotoxine) umfassen eine große Gruppe von Cyanotoxinen, zu denen beispielsweise Cylindrospermopsin gehört. Zellgifte verursachen das Absterben von Zellen, Vergiftungs-Symptome beinhalten Leber- und Nierenschäden, Schädigung von Herz, Lunge, Magen, des Gefäß- oder Lymphysthem. Die Nervengifte (Neurotoxine) Anatoxin‑A und Saxitoxin wirken auf Nervenzellen und verursachen beispielsweise motorische Störungen, Muskelkrämpfe, Lähmungen, Schwindel. Hautgifte (Dermatotoxine) verursachen bei Hautkontakt beispielweise Rötungen, Juckreiz, Verbrennungen, Blasen und Schwellungen. Beim Verschlucken können Entzündungen der Speiseröhre und des Verdauungstraktes auftreten. Zu diesen Giften gehören beispielsweise die Cyanotoxine Lyngbyatoxin und Aplysiatoxin. Einige der Toxine werden zusätzlich als krebserregend eingestuft. Darüber hinaus enthalten die Zellwände der Cyanobakterien Lipopolysaccharide, welche möglicherweise entzündlich wirken können.
Hierbei soll erwähnt werden, dass einige der Cyanotoxine durchaus eine hohe Toxizität aufweisen, Aufzeichnungen zur Gesundheitsbeeinträchtigung von Badenden durch Cyanobakterien jedoch nur leichte Krankheitsverläufe belegen, bei denen es zu Atemwegsbeschwerden, Magen-Darm-Beschwerden und Hautbeschwerden gekommen ist. Todesfälle bei Menschen durch Vergiftung mit Cyanotoxinen beim Baden sind nicht bekannt.
Die Bildung von Giftstoffen wurde bereits bei vielen Cyanobakterienarten nachgewiesen. Einige der Giftstoffe befinden sich zunächst in den Zellen und werden erst beim Absterben in die Umgebung freigesetzt (bspw. Microcystin), andere Giftstoffe werden direkt in das umgebende Wasser abgegeben (bspw. Cylindrospermopsin und Anatoxin‑A). Die Bildung von Giftstoffen kann dabei variabel sein und von Umweltbedingungen, bspw. der Temperatur, oder dem Gentypen der jeweiligen Cyanobakterien abhängen. Es existiert keine vollständige Auflistung von toxischen Arten und Cyanotoxinen. Vorsicht ist daher geboten, sobald eine starke Vermehrung von Cyanobakterien beobachtet wird.
Abbildung 2: Gewässer mit einer hohen Konzentration von Cyanobakterien. a) Aufrahmung von Cyanobakterien mit blauer und grüner Färbung am Ufer. b) Cyanobakterienblüte mit grüner Färbung. c) Wasserprobe mit roter Färbung durch eine hohe Konzentration von Cyanobakterien der Gattung Planktothrix. d) Aufgetriebene Cyanobakterien der Gattung Planktothrix (Quelle: KLS).
Wie kann man Cyanobakterien erkennen und Badegäste vor Cyanotoxinen schützen?
Cyanotoxine sind für uns Menschen erst dann gesundheitsschädlich, wenn wir ihnen in bestimmten Konzentrationen ausgesetzt sind. Dabei gelten für Trinkwasser, das regelmäßig und über einen langen Zeitraum ihn größeren Mengen aufgenommen wird, strengere Regeln als für Badegewässer, welche nur gelegentlich genutzt werden und in denen das Wasser nur in geringen Mengen verschluckt wird. Das Risiko einer Gesundheitsbeeinträchtigung wird auch durch das Verhalten der Badenden beeinflusst. Kleinkinder, die Wasser und Sand in größeren Mengen aufnehmen als Erwachsene, oder Personen, die intensive Wassersportarten betreiben und dabei Wasser verschlucken, sind stärker gefährdet. Badegewässer, die nur eine geringe Konzentration von Cyanobakterien aufweisen, stellen kein Risiko für die Badegäste dar.
Um eine Gefährdung von Badenden durch Cyanotoxine zu vermeiden, sollten Badegewässer mit einem hohen Nährstoffeintrag oder mit einer verringerten Sichttiefe regelmäßig untersucht werden. Wenn höhere Konzentrationen von Cyanobakterien im Badegewässer auftreten, sollten Badegäste informiert werden, und bei einer weiter ansteigenden Konzentration sollte die Badenutzung eingeschränkt werden.
Es werden unterschiedliche Methoden zur Bewertung der Cyanotoxinbelastung eines Gewässers genutzt, hierzu zählt die Messung der Sichttiefe, das Messen der Konzentration des Photosynthesepigmentes „Chlorophyll‑A“, die mikroskopische Bestimmung des Biovolumens von Cyanobakterien und das Messen der Konzentration bestimmter Cyanotoxine. Von der Weltgesungheitsorganisation (WHO) und dem deutsche Umweltbundesamt (UBA) werden Richtlinien für Badegwässer zum Umgang mit Cyanobakterien herausgegeben. Die Richtlinien orientieren sich an dem Stand der wissenschaftlichen Forschung und geben Kennzahlen für unterschiedliche Risikostufen und angebrachte Maßnahmen. Die „Empfehlung zum Schutz von Badenden vor Cyanobakterien-Toxinen“ (Umweltbundesamt, Bundesgesundheitsblatt) stammt von 2015 und wird derzeit überarbeitet, um neuere Erkenntnisse zur Toxizität bestimmter Cyanotoxine zu berücksichtigen. Derzeit gilt laut UBA eine erhöhte Aufmerksamkeit und eine Aufklärung der Badegäste über Gesundheitsrisiken bei einer Sichttiefe von <1 m und einem Cyanobakterien-Biovolumen von >1 mm³/L oder einem Chlorophyll‑A Gehalt von <5 µg/L. Dabei kann ein hoher Chlorophyll‑A Gehalt auch von Algen verursacht werden und muss nicht mit einem starken Aufkommen von Cyanobakterien zusammenhängen. Weitere Maßnahmen werden ab 3 mm³/L Cyanobakterienbiovolumen empfohlen. Ab einem Biovolumen von 15 mm³/L rät das UBA zum Badeverbot. Studien belegen eine Häufung von Symptomen ab einem Cyanobakterien-Biovolumen von 2 – 11 mm³/L. In den Richtlinien für Planung, Bau, Instandhaltung und Betrieb von Freibädern mit biologischer Wasseraufbereitung (Schwimm- und Badeteiche) (Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL), 2011) liegt der Richtwert für das Biovolumen aller Phytoplanktonarten bei ≤ 1 mm³/L, wobei Cyanobakterien nur als Begleitarten auftreten dürfen. Doch auch in klaren Gewässern kann es zu einer starken Vermehrung von toxinbildenden Cyanobakterien kommen, indem sich Cyanobakterien-Matten am Gewässergrund, bspw. auf Steinen oder auf dem Sediment bilden, oder kälteliebende und lichtscheue Arten sich in tieferen Wasserschichten ausbreiten.
Eine nicht fachgerechte Behandlung von Cyanobakterienblüten mit Algiziden sollte vermieden werden, da einige Cyanotoxine erst beim Absterben der Cyanobakterien freigesetzt werden.
Durch Temperaturanstiege infolge von globaler Erwärmung und dem zunehmenden Nährstoffeintrag in Gewässer nimmt die Anzahl und Dauer von Cyanobakterienblüten weltweit zu. Das Risiko für Cyanobakterienblüten wird in Freibädern mit biologischer Wasseraufbereitung durch eine gründliche Filtration des Beckenwassers durch Zooplankton und Substratfilter und eine Reduktion des Nährstoffeintrags minimiert.
Neben Cyanobakterien können auch andere einzellige Algen Toxine bilden oder allergische Reaktionen hervorrufen. Bekannt sind insbesondere Toxin-produzierende Dinoflagellaten, die in marinen (salzigen) Lebensräumen vorkommen. Die gesundheitsschädigende Wirkung anderer Algen ist zum Teil wenig untersucht.
[KLS]