Was sich alles im Naturbadwasser findet
Ein Naturfreibad ist nicht nur ein Lebensraum für planktische, im freien Wasserkörper lebende Organismen, zu denen das Phyto- und Zooplankton sowie Bakteriengemeinschaften gehören. Viele Organismen sind substratgebunden (benthisch), sind also an den Wänden, auf dem Boden oder in den Filteranlagen zu finden. Diese Organismengemeinschaften sind vergleichbar zum Benthos eines Schwimmteiches, wobei man auch hier zwischen Tieren (Zoobenthos) und Pflanzen (Phytobenthos) unterscheidet. Letztere umfassen Fadenalgen, die in der Naturbadinfo 01/2020 vorgestellt wurden. Es gibt jedoch eine Vielzahl von Zoobenthosorganismen, die weniger bekannt sind. Zu ihnen zählen diverse wirbellose Tiere wie Schwämme, Nesseltiere, Moostierchen, Plattwürmer, Fadenwürmer, Wenigborster, Egel, Schnecken, Muscheln, Krebse, Wasserwanzen, Wasserkäfer sowie Larvenstadien vieler Insektengruppen. Einige in den Naturfreibädern gefundene Arten sollen hier kurz vorgestellt werden (Abbildung 1).
Insekten (Insecta) Kriebelmücken (Simuliidae) und Zuckmücken (Chironomidae)
Kriebel- und Zuckmücken zählen innerhalb der Insektengruppe der Zweiflügler (Diptera) zur Unterordnung der Mücken (Nematocera).
Von den Kriebelmücken sind mehr als 2.000, in Deutschland mehr als 50 Arten bekannt. Im erwachsenen Stadium ähneln sie Fliegen und sind 2 bis 6 mm lang. Sie durchlaufen mehrere Larven- und ein Puppenstadium. Als Larven weisen sie eine charakteristische keulenartige Form auf und sitzen mit einer Haftscheibe normalerweise auf Steinen und Pflanzen, im Naturbad aber auch beispielsweise am Beckenrand, an Überläufen oder anderen festen Strukturen. Sie sind gut zu identifizieren durch einen großen und kleinen Fächer beidseits am Kopf, die der Filtration dienen. Die Larven sind 6 bis 15 mm lang. Nach einer kurzen Puppenphase sind die Kriebelmücken sofort flugfähig und schwärmen vor allem von April bis Mai aus.
Die erwachsenen Weibchen mancher Arten saugen Blut. Diese Blutmahlzeit dient der Bildung der Eiablage. Dabei reißen sie mit den Mundwerkzeugen eine kleine Wunde und saugen das aus den Kapillaren austretende Blut. Der Biss kann sehr schmerzhaft sein, lange nachbluten, Juckreiz und Schwellungen hervorrufen und im schlimmsten Fall, Krankheitserreger übertragen. Nach einem Biss sollte man kühlen, desinfizieren, nicht kratzen und je nach Symptomatik einen Arzt aufsuchen. Die Larven der Kriebelmücken ernähren sich dagegen von Kleinst-Wasserorganismen und sind für den Menschen völlig ungefährlich.
Zuckmücken sind die arten- und oft individuenreichste Insektenfamilie. Die erwachsenen 2 bis 14 mm langen Tiere sehen Stechmücken recht ähnlich. Die Larven haben eine wurmförmige Gestalt, sind segmentiert, eine Länge von 1 bis 20 mm und leben meist am Boden oder im Aufwuchs. Zum Teil bauen sie Gespinströhrchen. Ihre Ernährungsstrategie ist je nachdem das Abweiden des Substrates oder die Nutzung des Gespinstes als Fangnetz für Schwebstoffe. Die Puppe kommt kurz vor dem Schlupf aus dem Köcher und steigt zur Wasseroberfläche. Dort schlüpft innerhalb weniger Sekunden das adulte Tier und fliegt davon. Die erwachsenen Zuckmücken nehmen keine Nahrung mehr auf, stechen und beißen nicht, und sind für den Menschen völlig ungefährlich.
Insekten (Insecta) Köcherfliegen (Trichoptera)
Köcherfliegen zählen ebenfalls zur Gruppe der Insekten. Die erwachsenen Tiere sehen Nachtschmetterlingen sehr ähnlich und sind sehr kurzlebig. Als Larven kommen sie oft in großer Arten- und Individuenzahl vor. In Mitteleuropa kennt man über 350 Arten. Sie entwickeln sich wie alle Insekten über ein Ei‑, Larven- und Puppenstadium zum erwachsenen Tier. Die Lebensdauer einer Generation ist meist ein Jahr.
Die Larven besitzen große Spinndrüsen, mit deren Hilfe sie Fäden zur Herstellung von Fangnetzen, Wohngespinste, zum Bau der Köcher und Puppengehäuse produzieren. Man unterscheidet zwischen raupenförmigen (eruciformen) Larven, deren Kopf nach unten gerichtet ist und campodeide Larven, deren Kopf nach vorne gerichtet ist.
Köcherfliegen sind für den Menschen völlig ungefährlich.
Ringelwürmer (Annelida) Egel (Hirundinea)
Egel gehören, wie z. B. auch der Regenwurm, zum Stamm der Gliederwürmer (Annelida). Von den ca. 300 Arten leben die meisten im Süßwasser. Sie sind gekennzeichnet durch 33 Segmente, von denen einige im vorderen Körperdrittel zu einem Gürtel angeschwollen sind. Die Egel haben zwei Saugnäpfe am Vorder- und Hinterende, durch die sie spannerartig kriechen können. Mit Hilfe ihrer starken Längsmuskulatur können sie aber auch schnell durch das freie Wasser schwimmen. Alle Egel ernähren sich ausschließlich von tierischen Stoffen: Entweder leben sie räuberisch von Insektenlarven, Würmern und anderen Kleintieren oder sie saugen Blut.
Unseren einheimischen 25 Arten lassen sich vier Egelfamilien zuordnen: Die Fischegel (Piscicolidae), die sich an Fischen festsaugen, die Knorpel- und Plattenegel (Glossiphoniidae), die einen vorstülpbaren Saugrüssel besitzen, die Schlundegel (Erpobdellidae), denen Rüssel und bezahnter Kiefer fehlen und die Kieferegel (Hirudinidae), die im Schlund drei mit Zähnen besetzte Kieferplatten haben.
Der Rollegel gehört zu den Schlundegeln und ist einer der häufigsten Egelarten hierzulande. Er kommt in stehenden und fließenden Gewässern aller Art vor. Dort sitzt er an Steinen, Ästen oder in Wasserpflanzen. Der Rollegel ist ein sehr guter Schwimmer und Räuber. Er verschlingt kleine Wassertiere wie Würmer, Kleinkrebse und Insektenlarven. Der Rollegel selbst wird wiederum von Fischen und Wasservögeln gefressen. Für Menschen ist er völlig ungefährlich. Der Rollegel wird bis zu 60 mm lang. Sein Körper ist relativ weich. Bei Gefahr sondert er viel Schleim ab.
Krebse (Crustacea) Wasserasseln (Asellus aquaticus)
Die artenreiche Gruppe der Krebse wird mit den Spinnentieren, Tausendfüßern und Insekten zum Stamm der Gliederfüßer (Arthropoda) zusammengefasst, der sich durch eine Körpersegmentierung, Beingliederung und ein Außenskelett auszeichnet.
Wasserasseln sind höhere Krebse und gehören zu den Isopoda (Gleichfüßer). Die Art Asellus aquaticus ist die einzige heimische Art in den oberirdischen Gewässern, jedoch gibt es weitere, eingeschleppte Arten. Die Wasserassel lebt zwischen Steinen, Falllaub und Wasserpflanzen. Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Detritus, aber auch aus lebendem pflanzlichen Material. Sie selbst dient größeren Fischen als Futter. Eine Wasserassel kann bis zu zwei Jahre alt und zwischen 8 bis 12 mm lang werden. Das Weibchen der Wasserasseln betreibt Brutpflege. Es bildet mit Hilfe der vorderen Brustbeine einen Brutraum, in den es 100 bis 200 Eier legt, die das Männchen befruchtet.
[KLS]
Weiterführende Literatur:
Spieker & Eydeler (2005) Was lebt im Schwimmteich — Teil 3: Zoobenthos: Krebse, Schnecken, Muscheln, Egel, in DER SCHWIMMTEICH 2/2005
Spieker & Eydeler (2005) Was lebt im Schwimmteich — Teil 4: Zoobenthos: Schwämme, Nesseltiere, Moostierchen, in DER SCHWIMMTEICH 3/2005